SVP Sektion Müntschemier

Vernehmlassung

Vernehmlassung der SVP Kanton Bern zur Teilrevision des Steuergesetzes

19.06.2006

Die Geschäftsleitung hat die Stellungnahme an der Sitzung vom 13. Juni 2006 verabschiedet. Es bestehen verschiedene Anliegen für das weitere Gesetzgebungsverfahren.

Sehr geehrter Herr Regierungsrat
Sehr geehrte Damen und Herren

Mit Ihrem Schreiben vom 10. April 2006 geben Sie uns Gelegenheit, uns zur geplanten Teilrevision des Steuergesetzes zu äussern. Für diese Möglichkeit danken wir Ihnen bestens.

Grundsätzliches:
Mit der Teilrevision des Steuergesetzes sollen in erster Linie die vom Grossen Rat überwiesenen Motionen mit dem Ziel der Entlastung der Familien und des Mittelstands umgesetzt werden. Die SVP des Kantons Bern begrüsst das konsequente und zeitgerechte Handeln des Regierungsrats. Sehr positiv ist zu werten, dass die Finanzdirektion auf die nun bekannte kantonsinterne Verteilung der Mittel aus der NFA reagiert hat und an Stelle der von den Motionären vorgeschlagenen Rabatte zur Entlastung des Mittelstands und der Familien eine Tarifkorrektur vorschlägt. Eine Tarifkorrektur hat zudem den Vorteil, dass sie sich für den Kanton im interkantonalen Vergleich positiv auswirkt. Mit der Steuergesetzrevision kann ein wichtiges finanzpolitisches Ziel erreicht werden, nämlich die Verkleinerung des Mittelstandsbuckels.
Die SVP des Kantons Bern begrüsst auch die Reform im Bereich der Unternehmenssteuern und die damit verbundene Milderung der Doppelbelastung bei den Einkommenssteuern. Diese Verbesserungen sind ein wichtiges Argument zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Bern. In die gleiche Richtung zielt auch die geplante Senkung des Spitzensteuersatzes. Wir befürworten ausdrücklich auch diese Änderung. Sie verbessert die Stellung des Kantons Bern im Vergleich mit anderen Kantonen deutlich. Sie ist zudem ein Zeichen für diejenigen Steuerpflichtigen, die einen grossen Teil der Steuerlast tragen.
Wir stellen befriedigt fest, dass die auf 1. Januar 2008 in Kraft tretenden Steuererleichterungen voll gegenfinanziert sind. Wir sind überzeugt, dass auch die Unternehmenssteuerreform nach einer gewissen Anlaufphase keine Mindereinnahmen zur Folge haben wird. Wir sind zudem zuversichtlich, dass die Entlastungen, die 2010 wirksam werden sollen, durch die Einsparungen, die sich aus dem Projekt \“Aufgabendialog\“ ergeben müssen, gegenfinanziert werden können.

Zu einzelnen Artikeln:

Artikel 38
Die Abzüge für Krankenkassenprämien, Unfall- und Invalidenversicherung, private Alters- und Hinterbliebenenvorsorge, Lebensversicherung und dergleichen sowie für Zinsen- und Sparkapitalien werden wegen des teilweisen Ausgleichs der kalten Progression nur geringfügig erhöht. In Anbetracht der massiv gestiegenen Krankenkassenprämien müssen die Abzüge entsprechend spürbar erhöht werden. Wir erwarten vom Regierungsrat entsprechende Vorschläge.

Artikel 40
Die Erhöhung der Kinderabzüge in zwei Schritten (Übergangsbestimmung für die Jahre 2008 und 2009) und definitive Höhe des Kinderabzugs ab 2010 wird ausdrücklich begrüsst.

Artikel 42
Die Tarifänderung, ebenfalls in zwei Schritten (Übergangsbestimmung für die Jahre 2008 und 2009), und definitive Tarifänderung ab 2010 inkl. Herabsetzung des Maximalsteuersatzes wird ausdrücklich begrüsst.
Wir befürworten ebenfalls den neuen Artikel 42 Absatz 3 betr. Einkünfte aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften.

Artikel 57
Die Revision von Absatz 1 lehnen wir ab. Die neue Formulierung führt dazu, dass bei ertragsschwachen überbauten Grundstücken ein fiktiver amtlicher Wert festgesetzt wird, ein Wert, der letztlich nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspricht.

Artikel 115 a und 186 a
Das geplante vereinfachte Abrechnungsverfahren für kleine Arbeitsentgelte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit ist unseres Erachtens mit einem recht erheblichen Zusatzaufwand für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber verbunden. Wir gehen davon aus, dass das Verfahren für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber kompliziert wird und zu Mehraufwand führt. Wir erwarten vom Regierungsrat, dass er im Vortrag zur Steuergesetzrevision entsprechende Ausführungen macht und Erklärungen zum administrativen Mehraufwand für die Arbeitgeber abgibt.

Artikel 117 Absatz 2
Die geplanten Steuererleichterungen für im Ausland wohnhafte Künstler, Sportler und Referenten sind zu kosmetisch. Wenn der Kanton Bern für die Durchführung von Konzer-ten etc. wirklich attraktiv werden soll, müssen die Steuersätze an diejenigen des Kantons Zürich angepasst werden (durchwegs 10 %). Die finanziellen Folgen dürften auf Grund der Ausführungen im Vortrag tragbar sein.

Artikel 142 Absatz 3 lit. c und d
Diese neu ergänzten Bestimmungen sind zu streichen. Es ist nicht einzusehen, weshalb von Erbengemeinschaften entrichtete Erbschafts- oder Schenkungssteuern oder von Pfandeigentümern tatsächlich getragene Grundstückgewinnsteuern des Rechtsvorgängers bei der Veräusserung einer Liegenschaft nicht als Aufwendungen gelten sollen. Die von der Steuerverwaltung geplanten Ergänzungen von Artikel 142 Abs. 3 StG (neue lit. c und d) führen zu einer tatsächlichen Doppelbelastung der Steuerpflichtigen.

Artikel 143 Absatz 5 neu
Diese Ergänzung ist wegzulassen (zu streichen). Erben treten in die Rechtsstellung des Erblassers ein. Es ist nicht einzusehen, weshalb dies nicht auch für die Anrechnung von durch den Erblasser realisierten Verlusten geltend soll.


Artikel 178 Absatz 3 lit. e
Diese Bestimmung kann dazu führen, dass sich eine Einsprache einer einzelnen Person auch für andere Personen der gleichen Personengemeinschaft negativ auswirkt, auch wenn die anderen Personen keine Einsprache erhoben haben. Wenn diese lit. e tatsächlich nötig ist, verlangen wir, dass die Abänderung der Veranlagungen anderer steuerpflichtiger Personen nur zugunsten dieser steuerpflichtigen Personen erfolgen kann.

Artikel 183 Absatz 1 lit. a
Die Revision von Artikel 183 Absatz 1 lit. a lehnen wir entschieden ab. Die bisherige Formulierung, wonach nur bei grösseren Renovationen eine Anpassung des amtlichen Werts möglich ist, geht unseres Erachtens schon zu weit. Die von der Steuerverwaltung geplante Revision dieses Artikels läuft darauf hinaus, dass bei jeder Renovation eine Neufestsetzung des amtlichen Werts möglich ist. Wir verlangen, dass Erhöhungen der amtlichen Werte nur nach der Ausführung von wertvermehrenden Aufwendungen und Investitionen möglich sind. Neu gestrichene Fensterläden etwa stellen keinen Mehrwert dar und sollten keinen Besuch des Schätzers zur Folge haben.

Artikel 186 Absatz 3
Frage: Was heisst \“Rechtzeitig abgerechnet und abgeliefert\“?

Zu Artikel 225 Absatz 1 und 226 Absatz 1
Auf eine Revision dieser Absätze ist zu verzichten. Die Revision dieser Artikel ist nicht bürgerfreundlich.

Artikel 240 Abs. 5
Wir wehren uns gegen einen gesetzlichen Anspruch auf Steuererlass und sind gegen die Revision dieses Artikels. Wo sind die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Steuererlass definiert?


Allgemeines:
Trotz der Entlastungen, die sich aus der geplanten Revision des Steuergesetzes ergeben, sehen wir in folgenden Bereichen noch weiteren Handlungsbedarf:

1. Der Kanton Bern hat, auch unter Berücksichtigung des jüngsten Bundesgerichtsent-scheids zur Anwendung des Verheiratetentarifs auf Unverheiratete, sicherzustellen, dass verheiratete Paare mit Kindern in keinem Fall schlechter gestellt werden als unverheiratete Paare.

2. Bei der Besteuerung des Grundeigentums sind dringend Entlastungen erforderlich. Handlungsbedarf sehen wir vor allem bei der Handänderungs- und Pfandrechtssteuer bei den Grundstückgewinnsteuern sowie bei der Besteuerung des Eigenmietwerts. Wir erwarten, dass der Regierungsrat in der laufenden Legislatur Vorschläge unterbreitet, wie die übermässige Besteuerung des Grundeigentums verringert und damit wieder wirksam Wohneigentumsförderung betrieben werden kann.

Wir sind überzeugt, dass im Rahmen des Aufgabendialogs die zur Vornahme dieser zusätzlichen Entlastungen erforderlichen Mittel freigespielt werden können, sodass auch diese Entlastungen als gegenfinanziert gelten können.

Die vorliegende Teilrevision des Steuergesetzes stellt aus Sicht der SVP eine Minimallösung dar. Wir werden uns mit allen Mitteln dafür einsetzen, dass die geplanten Entlastungen der Steuerpflichtigen tatsächlich auch umgesetzt werden können. Allfällige %u201EAbstriche%u201C, auch bei den Teilen, die erst 2010 in Kraft gesetzt werden sollen, werden wir nicht mittragen.

Gerne erwarten wir, dass unsere Vorschläge und Anregungen bei der Weiterbearbeitung der Gesetzesrevision berücksichtigt werden können und verbleiben



Mit freundlichen Grüssen
SVP-Kanton Bern

Der Präsident: Der Geschäftsführer:
Hermann Weyeneth, Christoph Neuhaus
Nationalrat

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